Beteiligung der Bürger an der Energiewende in Gefahr

Dr. Verena Ruppert, Dr. Peter Tauber, Florian Voigt. Foto: Esther Ruppert

BürgerEnergieGenossenschaften informieren den Generalsekretär der CDU Peter Tauber über die Gesetzesvorhaben, die aus ihrer Sicht die Beteiligung der Bürger an der Energiewende ausbremsen.

GRÜNDAU-LIEBLOS, 11.12.2014. Auf Initiative der Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal eG  lud der Generalsekretär der CDU, Dr. Peter Tauber, mehrere Vertreter und Vertreterinnen von Landesnetzwerken der Energiegenossenschaften zu einem Informationsgespräch in sein Wahlkreisbüro nach Gründau ein. Im Mittelpunkt des fast zweistündigen Gespräches standen die Auslegungspraxis des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB), der Entwurf des Kleinanlegerschutzgesetzes sowie das Modell von Ausschreibungen für Energieprojekte, speziell der Entwurf für die Ausschreibungen von Photovoltaik (PV)-Freiflächen. Alle drei Gesetze bzw. Gesetzesentwürfe schränken nach Ansicht der Vertreter von Bürgerenergiegesellschaften das operative Handeln von Genossenschaften ein, verhindern Investitionen der Bürger in Erneuerbare Energieanlagen und stellen zum Teil das Genossenschaftsrecht infrage. So erläuterte Dr. Verena Rupert vom Landesnetzwerk der BürgerEnergieGenossenschaften Rheinland-Pfalz (LaNEG RLP e.V.) und Vorstandsmitglied des Bündnis Bürgerenergie (BBEn e.V.), dass die teils vagen Gesetzesformulierungen und die teils sehr engen Auslegungen der Bundesanstalt für das Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFIN) dazu führen, dass praktisch jede Energiegenossenschaft gezwungen ist, eine Anfrage zu stellen, ob sie als Genossenschaft operativ tätig und damit nicht registrierungspflichtig laut Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ist. „Unterlässt der Vorstand diese Anfrage und wäre die Genossenschaft registrierungspflichtig, kann im Extremfall die Genossenschaft verboten und der Vorstand inhaftiert werden“ , so Ruppert. Ausdrücklich bejahen die Vertreter der Energiegenossenschaften die Intention des Gesetzes, Anlagen von Bürgern zu schützen, im Falle von Energiegenossenschaften sei jedoch die jährliche Prüfung der Genossenschaft, die weit über die übliche Bilanzprüfung hinaus geht, und die Mitsprache der Genossenschaftsmitglieder bei Investitionen eine ausreichende Absicherung des Bürgerkapitals. Nicht umsonst gilt die Genossenschaft als die insolvenzsicherste Unternehmensform in Deutschland. Ebenso hinderlich für die Geschäftstätigkeit von Genossenschaften sehen die Vertreter der Bürgerenergie einzelne Bestimmungen des Kleinanlegerschutzgesetzes. Zwar sind im aktuellen Entwurf des Gesetzes Energiegenossenschaften ausgenommen, es gibt jedoch auch andere Rechtsformen, in denen Bürger sich organisieren, um gemeinsam etwas für die Energiewende zu tun. „Die Beschränkung bei Nachrangdarlehen und Werbemöglichkeiten sowie die Prospektpflicht bürden diesen Projekten Pflichten auf, die diese sehr schwer umsetzbar machen“, so Florian Voigt vom LaNEG Hessen e.V. Ein aktuelles Thema ist das Modell von Ausschreibungen für PV-Freiflächen, das im EEG 2014 beschlossen wurde. Dieser Entwurf sollte bereits am 17. Dezember im Kabinett verabschiedet werden, ist jedoch noch in der Abstimmung zwischen den einzelnen Ministerien. Im EEG 2014 steht ausdrücklich, dass die Akteursvielfalt bei der Energiewende durch den Systemwechsel zu Ausschreibungen nicht beeinträchtigt werden soll, damit die breite Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger beim Ausbau der Erneuerbaren Energien weiterhin möglich ist. Der jetzige Entwurf scheint diese Akteursvielfalt jedoch gerade verhindern zu wollen, so Jürgen Staab von der Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal. Das Ausschreibungsmodell führe zu hohen Markteintrittshürden (Hohe Sicherheiten bei der Gebotsabgabe und Kautionen beim Zuschlag). Die Wünsche der Länder nach einem Sondersegment für kleine Anbieter seinen genauso wenig berücksichtigt worden wie die Möglichkeiten gemäß EU-Beihilfeleitlinien, kleinere Projekte aus der Ausschreibung heraus zu lassen und wie bisher zu vergüten. Schon jetzt zeichne sich ab, dass praktisch keine Energiegenossenschaft das Thema angehen möchte, zumal Kooperationen mit starken Partnern wie Stadtwerken durch das KAGB deutlich erschwert würden. Fazit der Vertreter der Bürgerenergie: Insgesamt lässt sich durch alle diese gesetzlichen Regelungen eine deutliche Verunsicherung der Akteure in der Bürgerenergie konstatieren, die bisher immerhin nahezu jede zweite Kilowattstunde an erneuerbarem Strom aus ihren Anlagen geliefert haben und damit Treiber der Energiewende waren. Das zeigt sich in den stark rückläufigen Gründungszahlen bei den Energiegenossenschaften und auch darin, dass laut dem Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband allein im ersten Halbjahr 2014 rund 300 Mio. € an geplanten Investitionen von den Energiegenossenschaften nicht realisiert wurden.

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