Nach Fristablauf: Rechtsgutachten mahnt die unzureichende Umsetzung der Bürgerenergie-Regeln der EU an

Berlin, 30. Juni 2021: Bis zum heutigen Tag hatte der deutsche Gesetzgeber Zeit, die Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU in nationales Recht umzusetzen. Die Rechte von gemeinsam handelnden Eigenversorger*innen und Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften sind aber immer noch nicht richtlinienkonform geregelt. Die Stellungnahme von Rechtsanwalt Dr. Philipp Boos zeigt, dass die kommende Bundesregierung bzw. der kommende Bundestag noch viel zu tun haben wird.

Als die Europäische Union die Erneuerbare-Energien-Richtlinie im Dezember 2018 verabschiedete, wurde dies als Meilenstein für die Bürgerenergie in ganz Europa gefeiert. Die Richtlinie folgte der Vision der EU-Kommission für eine Energieunion, „in deren Mittelpunkt die Bürgerinnen und Bürger stehen, die Verantwortung für die Energiewende übernehmen, neue Technologien zur Senkung ihrer Energiekosten nutzen und aktiv am Markt teilnehmen“. Von der Umsetzung dieser Vision ist die deutsche Bundespolitik allerdings seit Jahren meilenweit entfernt.

Die Richtlinie eröffnet den Bürger*innen die Möglichkeit, regional erzeugte Erneuerbare Energie auch regional zu nutzen – und zwar ohne große finanzielle Belastungen und bürokratische Hürden. Das EEG 2021 erlaubt die Eigenversorgung aber weiterhin nur für Einzelpersonen, gemeinsam handelnde Eigenversorger*innen sind hingegen nicht vorgesehen. Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften werden gar nicht erst definiert, geschweige denn, dass ihren Mitgliedern erlaubt wird, den gemeinsam erzeugten Strom auch gemeinsam zu nutzen.

Rechtsanwalt Dr. Philipp Boos hat im Auftrag des Bündnis Bürgerenergie eine rechtliche Stellungnahme erstellt, die der Frage nachgeht, ob die Bürgerenergie-Rechte der EU-Richtlinie durch das EEG 2021 umgesetzt wurden. „Die im EEG geforderte Personenidentität zwischen Anlagenbetreiber*in und Stromverbraucher*in verhindert, dass gemeinsam handelnde Eigenversorger*innen eine Anlage zur Eigenversorgung auch gemeinsam betreiben können“, so Boos. „Auch die rechtlich zugelassenen Mieterstrommodelle setzen dieses Recht nicht um, da sie lediglich eine Belieferung von Mieter*innen mit Strom aus EEG-Anlagen erfassen. Der Bundesrepublik droht nun ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren.“

Malte Zieher, Vorstand im Bündnis Bürgerenergie, ist der Meinung, dass die Bundesregierung eine große Chance verpasst hat. „Energy Sharing, also die gemeinsame Nutzung von Strom innerhalb von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften, wäre für das deutsche Energiesystem ein erheblicher Innovationsschub gewesen“, so Zieher. „Denn Energy Sharing leistet einen entscheidenden Beitrag zum schnelleren Ausbau Erneuerbarer Energien, indem es die Partizipation an neuen Solar- und Windparks ermöglicht und damit die Akzeptanz steigert. Darüber hinaus erlaubt es den Bürger*innen, ihren Verbrauch an die lokale Erzeugung anzupassen und kann so dezentrale Flexibilitätspotentiale heben.“

Weitere Informationen
Die rechtliche Stellungnahme finden Sie unter https://buendnis-buergerenergie.de/publikationen/.
Pressemitteilung des BBEn

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